Coromandel – Stuck in paradise

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Wir merken deutlich, dass wir Richtung Urlaubs-Hotspot unterwegs sind. Die Freedom Camping Spots, die wir anfahren, sind restlos gefüllt und die Holiday Parks ganz schön teuer für das, was sie zu bieten haben. Dazu kommt ein ausgesprochen kräftiger Ostwind, der das Stehen direkt an der Küstenlinie unangenehm macht. So landen wir am Ende auf dem Parkplatz des Waihi Beach Community Center. Immerhin ist die dort aufgestellte lange Reihe an Dixi-Klos sauber und sogar mit Waschbecken ausgestattet. Die Mädels im Camper neben uns, die sich an diesem öden Parkplatz absurderweise schick machen und die kurz danach eintreffenden Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma hätten uns schon stutzig machen sollen. Kaum haben wir die Kinder endlich zum Schlafen gebracht, hören wir draußen eine Reihe Reisebusse anfahren, direkt neben uns anhalten und Horden junger Menschen ausspucken. Wie wir kurze Zeit später erfahren, ist im Dorf heute ein Musikfestival und ein Großteil der 5.000 anreisenden Besucher werden von diesen Bussen auf diesem Parkplatz ausgeladen. Diese Geräuschkulisse begleitet uns noch bis tief in die Nacht. Bei allem latenten Unbehagen fällt uns aber auf, wie gesittet und verhältnismäßig ruhig das alles vonstatten geht. Bei einer vergleichbaren Situation in Deutschland wären vermutlich weder unser Camper noch die Dixi-Klos danach noch zu gebrauchen gewesen. Was so ein Alkoholverbot auf Zufahrtswegen alles ausmachen kann…

 

Am nächsten Morgen starten wir früh los. Wir wollen in Whangamata frühstücken gehen. Der Wind bläst die Gischt über die Straße. Ausgesprochen ungemütlich. Wir finden ein sehr gut besuchtes Café und haben das Glück, gleich einen Platz zu ergattern. Die Kinder bekommen ausmalbare Kindermenüs und Buntstifte und wir Alten dadurch etwas Ruhe und Zeit bei der Auswahl.

Gestärkt fahren wir die letzte Stunde nach Hahei. Was waren wir froh gewesen, in diesen stark gebuchten Zeiten einen Campingplatz zu finden, der so perfekt zwischen Hot Water Beach, Cathedral Cove und Cooks Bay liegt. Praktisch die Creme de la Creme der Coromandel-Halbinsel direkt ums Eck. Etwas überrascht waren wir dann, von den insgesamt recht abgewohnten Einrichtungen des Campingplatzes. Das hatten wir schon deutlich besser erlebt und bei dem stolzen Preis von knapp 130 NZD pro Nacht auch erwartet. Seis drum. Als wir nach dem Einchecken in Regenkleidung einen Spaziergang zum Stand machen, können wir zumindest mit viel Fantasie erahnen, dass es hier bei schönem Wetter echt traumhaft sein muss. Nur ist gerade kein schönes Wetter. Nicht mal ein mini kleines Bisschen. Die tiefhängenden Wolken verhindern jede Sicht und lassen mit kurzen Pausen diesen inzwischen vertrauten ekligen Sprühregen ab. Dazu kommt ein kräftiger auflandiger Wind, der das Meer auf die Küste drischt und an manchen Stellen gefährlich ansteigen lässt.

 

Durch die Nacht begleitet uns heftiger Dauerregen, der uns wütend aufs Camperdach trommelt. Da wir bei diesen Umständen wenig Lust darauf haben, die Natur zu erkunden, entscheiden wir nach dem Frühstück, die knappe Stunde ins Urlaubszentrum Whitianga zu fahren. Vielleicht bekommen wir ja dort eine Inspiration, bei welchen Aktivitäten wir hier etwas dem schlechten Wetter entfliehen können. Auf dem Hinweg ein kurzer Abstecher zum berühmten Hot Water Beach. Nix los. Gesperrt wegen der gefährlichen Brandung. Natürlich. Die Wasserwege entlang der Route nach Whitianga treten teilweise über die Ufer. Kein Wunder nach der Nacht. Kurz vor Whitianga versperren uns rot-weiße Baken den Weg. Weiter hinten sehen wir, wie ein Fluss über die Straße strömt. 

Langsam begreifen wir unsere Situation. Das Inland ist bergig. Die zwei Straßen von der Halbinsel runter verlaufen direkt an der Küste durch diverse Niederungen. Verbindungsstraßen von Küste zu Küste sind bis auf eine Ausnahme ausschließlich Schotterpisten, von denen man sich bei Starkregen tunlichst fernhalten sollte. Wir beschließen, nach einem kurzen Stop auf dem Campingplatz die zweite Nacht zu stornieren und so schnell wie möglich von der Halbinsel zu kommen. An der Rezeption erfahren wir, dass wir bereits zu spät dran sind. Die Zufahrtsstraße auf unserer Seite ist überschwemmt, die einzige befestigte Verbindungsstraße an die Westküste durch einen Erdrutsch versperrt. Später erfahren wir, dass über 4.500 Besucher auf der Halbinsel eingeschlossen sind und sich Dramen bei der verzweifelten Suche nach Unterkunft für die Nacht abspielen. Da können wir ja froh über unseren Stellplatz sein. So sitzen wir in unserer Sardinenbüchse, mitten im Paradies und haben nix davon. Was ein verrückter Urlaub. Als die Große mal wieder nicht auf den Rat der Eltern hört, trotzdem auf einen klatschnassen Baum klettert, natürlich abrutscht und aus knapp zwei Metern höhe eine Bauchlandung in einer moorigen Pfütze hinlegt, ist unser Glück perfekt. Den Rest des Tages checken wir permanent die Situation und planen unsere Abreise am nächsten Morgen, sodass wir möglichst zügig durchkommen, bevor eine Blechlawine durch die engen und kurvigen Küstenstraßen Richtung Auckland rollt.

 

 

Am Ende ist es dann doch deutlich harmloser als erwartet. Wir kommen schnell von der Halbinsel runter und erreichen nach anderthalb Stunden die Randbereiche Aucklands. Coromandel hatten wir uns bewusst herausgesucht, um in den letzten Tagen nochmals zur Ruhe zu kommen. Strandliegen und Seele baumeln lassen. Nix wars. Mal wieder.

 

Wir haben der Großen versprochen, trotzdem baden zu gehen. Der Manurewa Pool gibt uns die Gelegenheit, das ohne 3-Meter-Wellen, Unterströmungen und Regen tun zu müssen. Die sowieso schon günstigen Eintrittspreise in das Hallenbad werden uns erlassen. Kinder baden dort kostenlos. Eltern, die ihren Kindern das Schwimmen beibringen wollen auch. Sweet. In Deutschland undenkbar.

 

Nach einem späten Mittagessen starten wir unsere letzte Etappe nach Muriwai Beach, bevor es wieder zurück nach Auckland geht. Hoffentlich ist uns die wilde Schönheit der rauen Westküste besser gewogen. Wir rechnen inzwischen immer mit dem Schlimmsten.

 

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