Halvorseth– tiefe Schluchten und eine Biskuitrolle

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Vielleicht hat sich der ein oder andere schon gefragt, wie wir unser ganzes Gepäck unterbekommen. Immerhin brauchen wir in den Hütten mit Schlafsäcken, Leintüchern – ja wir müssen fast jedes Mal die Betten beziehen – Küchenutensilien und Vorräten eine ganze Menge, das in einem Kombi unterkommen will. Wir haben uns am Ende zu einer (flachen) Dachbox entschlossen. Mit der erweitern wir unser Volumen um gute 400l, bleiben aber weiterhin unter den für Fähren und teilweise Parkhäusern kritischen 190cm Höhe. So halten wir den Kids die Fußräume und uns den Blick aus dem Rückspiegel frei. Auf den langen Strecken haben sich die 400 Euro für Box und Trägersystem schon gerechnet.

Nun aber weiter im Text. Mal wieder lag eine längere Fahrt vor uns. Dank dem Wegfall der Endreinigung sind wir an diesem Morgen relativ früh gestartet. Nach 4,5 Stunden fahrt und einem Mittagssnack an einer alten Mühle, kommen wir auf dem Campingplatz in der Nähe von Halvorseth an. Wir haben den kleinen Platz im scheinbaren Nirgendwo mal wieder online gebucht. Durchreisende scheinen sich hier weniger zu verirren. Der Platz scheint eher das Wochenenddomizil für ein paar norwegische Dauercamper zu sein. Die einzige Hütte mit Bad und fließend Wasser haben wir für die nächsten 3 Nächte gebucht. Für knapp über 100 Euro die Nacht kein Schnäppchen, aber für die Ausstattung und Größe der Hütte angemessen.

 

Wir haben inzwischen beim Einrichten eine gewisse Routine. Von Babyhänden erreichbare Deko wird weggeräumt. Steckdosen werden abgeklebt. Küche wird zur Arbeit vorbereitet. Betten werden bezogen und schlaffertig gemacht. Nach dem Einrichten laufen wir noch eine Runde über den Platz. Die Große ist wie im Himmel, da es endlich wieder einen Spielplatz gibt. Leider allerdings wieder ohne Kinder. Trotzdem genießt sie das Trampolin und die anderen Spielgeräte sichtlich. Nach einem schnellen Abendessen geht es ab ins Bett. 

Am nächsten Morgen darf ich dann dem Luxus frönen, erst um 07:00 Uhr, statt wie normal um 06:00 Uhr aufzustehen. Mit einem wunderschönen Geburtstagsständchen und einer – laut Arne gerade noch bezahlbaren – Biskuitrolle wurde ich geweckt. Dann durfte ich mich an einen gedeckten Frühstückstisch setzten und Kerzen auspusten. Die Biskuitrolle war so süß dass sie verboten gehörte. Die Geschenke waren großartig.

Sonntag und Geburtstag, klar darf da ein Ausflug nicht fehlen. Auf dem Programm stand das Blaafarveværket, eine Art frei zugängliches Freiluftmuseum einer alten Blaufärbefabrik mit den zugehörigen Kobaltminen. Kobalt ist ein Schwermetall. Früher wurde es im norwegischen Modum abgebaut, um kobaltblaue Farbe an die Glas und Porzellan Industrie zu liefern. Zwischen 1776 und 1898 war dieser Ort einer der bedeutendsten Kobaltproduzenten der Welt. Wie auch damals in der kanadischen Slocan Region, erinnern nur noch stumme Zeitzeugen an verflüchtigten wirtschaftlichen Erfolg.

Unser Tag startete an der Fabrik selbst. Hier hatte man sich die Kraft eines Wasserfalls zu Nutze gemacht, um das in den Bergen abgebaute Kobalt zu zerkleinern und weiter aufzubereiten. Der Rundwanderweg sollte uns auch an einer Seilfähre unterhalb des Wasserfalls über den Fluss bringen. Unten angekommen, war die aber leider defekt, so dass wir den ganzen Weg wieder zurück mussten. Hier wäre dann doch ein kleiner Hinweis zum Anfang der Tour nett gewesen. Auch wenn der bestimmt eh wieder nur auf norwegisch gewesen wäre, und wir das mit dem Handy wieder hätten übersetzen müssen.

Also erst mal essen. Denn das war ursprünglich auf der anderen Seite geplant. Es gab ein bisschen geschnippeltes Gemüse und viele Nacho-Chips mit Käsedip. Wir machen uns ja sonst immer über die Chipstüten-Eltern lustig. Immerhin: Unsere Kinder laufen noch und rollen nicht und man gönnt sich ja sonst nichts in diesen schweren Zeiten. Außerdem ist das Brot hier in Norwegen auch nur „besseres“ Toastbrot und so langsam freuen wir uns alle wieder auf frische Brötchen und ordentliches Brot. Denn eine immer wieder neu gefundene Erkenntnis beim bereisen der Welt: Brot können se, die Deutschen.

Zurück am Parkplatz gab es neben einer Boutique noch ein Cafe. Kurz kam die Idee auf, noch etwas richtiges zu Essen. Dumm nur, dass wirklich alles ein heiden Geld gekostet hat. Also wieder nix mit Kaffee trinken. Bei 3,80€ für Filterkaffee kommt bei uns beiden eben der Schwabe durch, außerdem war plötzlich zur Mittagszeit das halbe Umland auf den Beinen. Also gings weiter zum Streichelzoo. Seit Wochen sahen wir endlich mal mehr als eine norwegische Familie auf einem Haufen. Die Große hegte schon Hoffnungen. Leider ist die Kommunikation schrecklich schwierig, ohne zu verstehen, was das andere Kind von einem will.

 

Weil der Tag nach der kleinen Runde noch jung war, fuhren wir noch zum oberen Teil des Museums. Über eine enge Schotterstraße erreichten wir nach 8 km endlich die Mienen. Der Parkplatz war im Gegensatz zur vorherigen Location, nur wenig gefüllt. Vielleicht lag es daran, dass man hier tatsächlich mal laufen musste. Immerhin in dem Punkt scheint sich dann doch jedes Volk, also demnach vermutlich die gesamte Spezies Mensch zu gleichen. Für uns Alten war das der spannendere Teil. Für die Kinder in Ermangelung von Spielmöglichkeiten nicht so. So mussten wir die Große dann doch noch mit einer Portion Waffeln bestechen. Dabei erschienen uns 69 NOK für eine Waffel durchaus vertretbar. Somit haben wir am 20. Tag in Norwegen unser erstes Essen in einem Restaurant sitzend eingenommen.

 

Anschließend ging es über das Gelände der ehemaligen Mine. Wir bekamen von Oben einen guten Überblick über die Größe und Tiefe der Schächte und Stollen. Diese Höhen waren schwindelerregend. Mir persönlich ist nie ganz wohl dabei, wenn unsere Kids nah an Abgründen stehen. Umso besser dass die Große selbst ordentlichen Respekt vor solchen Höhen hat. 

Abends in unserer gemütlichen Hütte ließen wir den Tag noch mit thailändischem Take Away Essen ausklingen. 200 NOK für eine Portion Pah Thai. In Deutschland bekämen wir dafür zwei. Nicht drüber nachdenken, sondern machen. Ist ja Geburtstag.

 

Am darauf folgenden Tag war wenig Programm. Wir wollten zur Abwechslung einfach mal ein bisschen durch die Stadt Kongsberg schlendern. Um Zuflucht vor dem Regen zu finden, flohen wir in ein Sportgeschäft. Die Kids haben mal wieder abgestaubt, wir nicht wirklich. So what.

Dann kam der Abreisetag. Mal wieder Packen und Endreinigung. Auch dieses Mal lag wieder eine längere Etappe von über vier Stunden vor uns. Ab nach Grimstad. Endlich wieder ans Meer. Ein Haus an der Küste mit Meerblick wird also für die nächsten vier Tage unsere Homebase. 

Zwischenstopp nach zwei Stunden war die Vrangfoss Sluser von 1898, die größte Schleuse des Telemarkkanals. Die manuell betriebene fünfgliedrige Schleusentreppe überwindet einen Höhenunterschied von 23 Metern und wird auch heute noch von Ausflugsschiffen befahren. Eine Schifffahrt hätte uns als Familie nur läppische 320 Euro gekostet. NEIN, sowas liegt nicht im Budget. Und hey, es ist nur ein Schiff…

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