Welcome to Canada

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Um 15 Uhr ist es für gewöhnlich recht entspannt eine Reise anzutreten. Vor der Rush Hour kann man sich hier oft über leere Zugabteile freuen. Wenn es sich hierbei jedoch über die einzige Direktverbindung zwischen Stuttgart und Paris handelt, die Ferien begonnen haben und es sich um den letzten dieser Züge handelt bevor die SNCF wieder für zwei geschlagene Tage die Arbeit niederlegt, sieht die Sache doch etwas anders aus. Auch dass die Bahn es offensichtlich nicht für notwendig hält, ernsthaft Kleinkindgerechte Zugabteile zu entwerfen und in den vorhandenen das Putzen zu vergessen war dem Ganzen jetzt nicht wirklich zuträglich.

Umso überraschter waren wir (mal wieder) mit welcher stoischen Gelassenheit unser Kind mit der Situation umgegangen ist. Nachdem es wenige Tage zuvor das Winken als Grußformel identifiziert hat, testet es eifrig und freut sich schelmisch ob der Reaktionen, die es damit bei den Mitreisenden auslöst… und da kommt es gerade recht, dass das Abteil gestopft ist mit Menschen.

Pünktlich kommen wir am Gare Est an und merken schnell, wie ekelhaft es ist schwer bepackt zur Stoßzeit in der pariser Metro unterwegs zu sein. Spannenderweise haben wir aber immer noch einen knuffigen Wonneproppen bei Anny hinten in der Kraxe, der sich ordentlich Aufmerksamkeit durch Rumgegluckse und uns somit den Platz verschafft den wir benötigen, um unser dickes Gepäck in der Bahn unterzubekommen.

Zum Thema dickes Gepäck. Obwohl wir all unsere Sachen mehrfach gegenseitig auf Notwendigkeit überprüft haben und alle Gepäckstücke auf maximale Mobilität ausgerichtet haben ist letztere tatsächlich nur sehr begrenzt vorhanden. Zwar sind unsere  Handgepäcksstücke mit je etwa 5 bis 7 kg noch relativ leicht. In diesem Bereich relativ untrainiert aber einen 50-Liter-Rucksack mit rund 15 kg und eine 75-Liter-Duffle mit rund 17 kg an einer Person zu managen ist schon äußerst grenzwertig. Die Kraxe haben wir mit rund 8 verhältnismäßig leicht bepackt. Hier kommt ja schließlich auch noch ein inzwischen fast ebenso schweres Kind hinzu.
Bereits nach den ersten Metern von der Haustür weg stand für uns somit der Beschluss, einen Teil der Ausrüstung wieder per Seefracht Richtung Heimat zu schicken sobald dieser seinen Zweck erfüllt hatte.

Nachdem wir fünf Minuten vor Schalterschluss an einem Check-In-Schalter im  falschen (!) Terminal unser Gepäck für den Folgetag aufgeben konnten – Danke nochmals an dieser Stelle an die nette Air-France-Dame am Schalter, die sich diesen Aufwand so kurz vor Feierabend sicher nicht mehr hätte geben müssen – ging es ab ins eher mäßige aber dafür ganz schön teure Flughafenhotel.

Nach einem dann doch sehr überraschend reichhaltigen und qualitativ ansprechenden Frühstück ging es gemütlich in die Abflughalle. Da hier dank unserer Gemütlichkeit der Flug schon am boarden war konnten wir nur noch ganz flux die Kleine wickeln und dann ab über die Priority Line an Bord. Unsere Bedenken, dass wir auf Grund zu später Reservierungen nicht zusammen sitzen könnten, stellten sich als unnötig dar. Man tauschte gern mit uns und war insgesamt uns und den beiden anderen Kleinkind-Familien sehr wohlwollend gesonnen. Und das auch trotz der extrem lauten und schrillen Unmutsschreie, die wir inzwischen auch all zu gut von ihr kennen. Auch die Flugbegleiter gaben uns sofort das Gefühl, ein besonderes Auge auf die Bedürfnisse der Kleinen zu haben. So hoffen wir, dass all die Horrorgeschichten die man in Blogs über kinderhassende Mitreisende lesen kann, tatsächlich absolute Ausnahmen darstellen.

Neben gelegentlichen Nickerchen bot uns die Kleine ein ähnliches Bild wie schon am Tag zuvor. Sie liebte das „Bad in der Menge“ und unterhielt sich prächtig mit den anderen Passagieren. Als etwas problematisch stellte sich nur ihr inzwischen schon enormer Bewegungsdrang dar. So blieb uns nichts anderes übrig, als sie minutenweise im Küchen/Klo-Bereich zwischen den Gängen sausen zu lassen. Natürlich zieht sich ein solcher Flug länger, als wenn man sich permanent von Kinoblockbustern berieseln lassen und immer wieder ein Schläfchen zwischenschieben kann. Wir hatten aber mit deutlich mehr Problemen gerechnet.

Den Empfang in Kanada empfanden wir als durchweg angenehm. Der nette Kerl bei der Einreise. Die freundlichen Backpacker, die uns ihre Wertkarten für die Bahn schenkten… leider mussten wir in der Folge fast anderthalb Stunden auf unseren Gastgeber Andrew warten, dass er uns in die Wohnung lässt. Ich habe mein Roaming für die Dauer einer kurzen Mail an ihn aktiviert, da wir ihn telefonisch nicht erreicht haben. Dank der „europäischen“ Abrufeinstellungen meiner Mails und Nachrichten und dank der bescheuerten Änderung der Datenschutzerklärung und der damit verbundenen Flut an eingehenden Emails hat uns diese Mail dann 47,60 € gekostet. Verrückt.

 

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